Brief [über Stirner und Reich] (1989)

BERND A. LASKA, aus dem LSR-Archiv

(…) Daß Ihnen Stirner wenig zusagte, mag einen Grund darin haben, daß er sich, zeitbedingt, sehr auf Hegel, Bauer und Feuerbach, wenn auch polemisch, bezieht. Ich kann hier meine Argumente für meine außergewöhnliche Hochschätzung Stirners nicht darlegen, möchte aber wenigstens kurz einen anderen Weg beschreiten, um mich zu erklären. Ich habe mich seit ca. 1967 mit Reich befaßt, wobei ich vieles nicht als "Fachmann" wirklich beurteilen konnte. Was mich frappierte, war jedoch die Art, wie die Fachleute auf Reich reagierten, vor allem die im weiteren Sinne "aufklärerischen". Trotz wachsender Kritik an Reich (für die in meinem Ro-Büchlein freilich kein Platz war) wuchs meine intuitive Gewißheit, daß Reich, bzw. sein "Fall", der Schlüssel für das Verständnis des Scheiterns der Aufklärung ist. Später entdeckte ich Stirner und fand zweierlei Ähnlichkeiten: 1. in beider grundsätzlicher Auffassung "des Menschen"; 2. in der Reaktion gerade der Personen, die als "Aufklärer" auftraten und als solche gefeiert wurden. 1984 entdeckte ich am "Fall" La Mettrie dasselbe in anderem Umfeld. Ich konzipierte mein "LSR-Projekt", das im La-Mettrie-Prospekt und in der Einleitung zu "Der Mensch als Maschine" skizziert ist. Sie können sich denken, daß es eine wichtige Bestätigung meiner Gedankengänge war, als ich 1988 in Reichs Tagebucheinträgen von 1920f (in "Passion of Youth", Farrar/Straus) las: "Here I take Stirner's position..." (p. 111; against Hegel/Marx); oder: "Max Stirner, the god who saw in 1844 what we do not see today in 1921" (p.158). (…)