Auch Stirner sagte das[, daß die Welt ein Irrenhaus ist], aber wohl auch noch einige Andere, sicher auch zB Nietzsche irgendwo, zumindest sinngemäss. Aber jenseits des polemischen Werts einer solchen Aussage hat wohl gerade Reich (...) einiges geleistet, sie zu substantiieren. Aber wohin führt das? Wohin MICH das geführt hat, wisst ihr.
(...)
Das Merkwürdige daran ist, dass Reich, dessen Schriften man oft ansieht, dass die Parteinahme für einen dieser etablierten Grossen (Marx, Nietzsche, Freud) nur ein mehr oder weniger taktisch begründeter Schritt war (Freud hat das in seinem Fall sicher bemerkt), sich mit der Zeit selbst damit in die Irre führte oder führen liess. Merkwürdig auch, dass Reich offenbar nicht klar war, dass er diese Gefeierten nicht beerben kann, schon gar nicht in der schlechten Maskierung.
Aber man muss sich auch in seine Situation versetzen. Es ging damals für ihn ja alles unheimlich schnell; ein "brennendes Haus", in dem er nicht "über den Farbensinn der Grillen" meditieren konnte. Die Heutigen haben's leichter – und schwerer. Sie haben viel Zeit, nichts drängt, weil – sowieso alles den Bach runter geht, oder, in anderer Sicht, in rechtsstaatlichen Verfahren mit der Zeit optimal geregelt wird.
In dieser Situation geht es nicht mehr, wie bei Reich, um entscheidende gesellschaftliche Fragen. Wenn ich heute, seit >30 Jahren auf dem "Fall Reich" herumreite, so habe ich kaum die Illusionen, die Reich, wie viele seiner Zeitgenossen, noch haben konnte.
Ich glaube auch nicht, dass ich Reich "rehabilitieren" kann und will. Es geht mir so wenig um Reich wie um La Mettrie oder Stirner. Es ist reine Selbstbehauptung in einer Welt, die – nun mal ein Narrenhaus ist.
Das mit dem Narrenhaus wird demjenigen, der in der Praxis bzw. im Leben steht und viel mit normalen Menschen zu tun hat, nicht einleuchten, zumindest extrem überspitzt vorkommen müssen. Mir geht's natürlich auch so, wenn ich mich "im Leben" bewege und sogar dabei nicht auffällig werde ;-) Aber ich verabschiede mich auch, so oft es geht, aus diesem Leben.
Das ist der grösste "Luxus", den ich mir (in der Narrenhaus-Welt) vorstellen und leisten kann. Da sich den nur sehr Wenige leisten – und wenn, dann meist auf ganz anderer Basis – kann kaum jemand mit LSR als dem Resultat des Denkens auf meiner Basis etwas anfangen. Folge: Achselzucken oder Kopfschütteln (obwohl ich mit den rezeptionsgeschichtlich angelegten "Stirner-Studien" an Stellen ansetze, die keinen LSR-Glauben voraussetzen). (...)