Laskas Randnotizen zu Hans G. Helms‘ DIE IDEOLOGIE DER ANONYMEN GESELLSCHAFT (Teil 9)
BERND A. LASKA, aus dem LSR-Archiv
III Der Einzige und sein Eigentum: Grundzüge einer Ideologie, Abschnitte 1 und 2 (alle Hervorhebungen von Laska)
Helms stellt dem Kapitel ein Motto aus Der Einzige und sein Eigentum voran: „Wie Ich Mich hinter den Dingen finde, und zwar als Geist, so muss Ich Mich später auch hinter den Gedanken finden, nämlich als ihr Schöpfer und Eigner. In der Geisterzeit wuchsen Mir die Gedanken über den Kopf, dessen Geburten sie doch waren; wie Fieberphantasien umschwebten und erschütterten sie Mich, eine schauervolle Macht. Die Gedanken waren für sich selbst leibhaftig geworden, waren Gespenster, wie Gott, Kaiser, Papst, Vaterland usw. Zerstöre Ich ihre Leibhaftigkeit, so nehme Ich sie in die Meinige zurück und sage: Ich allein bin leibhaftig. Und nun nehme Ich die Welt als das, was sie Mir ist, als die Meinige, als Mein Eigentum: Ich beziehe alles auf Mich.“ (S. 14) Dazu Laska: soll Stirner als wirr zeigen oder was?
Der erste Abschnitt ist überschrieben mit „Zur Entwicklung des ahistorischen Bewußtseins“. Dazu Laska: Marx grübelte Jahrzehnte an falscher ökon. Theorie
Helms: „Wer mies dran ist [Laska: Proletarier?] und nichts Rechtes zu tun weiß, hat viele Gedanken, und mit den Gedanken wächst die Stirn (…).“
Helms: „Prinzipien haben mancherlei treffliche Vorzüge; vor allem solche, die, weil aus falschem Bewußtsein [von Laska unterkringelt. Laska: Bürger, die „proletarisches“ haben, haben „richtiges“] geboren, als Prinzipien gar nicht erkannt werden.“
Helms: „Ahistorische Bewußtseinszustände, wo nicht gar extrem aggressive Geschichtsfeindschaft, traten erst mit bestimmten historischen Entwicklungen der Produktionsverhältnisse und gesellschaftlichen Arbeitsteilung auf.“
Helms: „Verdienstvoll ist auch Mautzens anderer Fingerzeig, der Stirner mehr als nur dem Scheine nach in die Nachbarschaft von Alfred Rosenberg rückt: ‚Stirners Philosophie stellt sich dar als eine Mythologie des neunzehnten Jahrhunderts.‘“
Helms: „Die Interpreten Stirners haben meist nur das Destruktive bemerkt. (…) Der Stirner-Fan [James Gibbons] Huneker spricht gar von „Theorien, die mit der Zivilisation tabula rasa machen werden. Daß Stirner mit der tabula rasa als Druckmittel droht, um sich und Seinesgleichen ungestört am Tischlein deck dich des Bestehenden zu delektieren, hat außer Marx und Engels auch Hans Mayer bemerkt und gewürdigt. ‚Sein Verhältnis zum Historischen ist durchaus nagativ,‘ heißt es bei Mayer. ‚Damit wird Stirners Lehre ebenso fortschrittsfeindlich,* wie jene Hegels (trotz aller konservativen Schranken des „Systems“) fortschrittbejahend gewesen war, denn von Fortschreiten kann nur dort die Rede sein, wo an Vernunft und Entwicklung in der Geschichte geglaubt wird.“* Den darauffolgenden Satz Mayers‘ kommentiert Laska mit: stimmt! aber… „Stirner opfert alles Ziel, alle Teleologie, gleich welcher Richtung, die humanitäre wie die reaktionäre – und wird gerade dadurch zum Apostel des Bestehenden!“
* Laska: dann wäre Stirners Lehre falsch
--> oder doch richtig? (Realität) Helms: „Im Dritten Reich und in der Weimarer Republik dominierte die Tendenz zur tabula rasa, in der Bundesrepublik und in den ihr komplementären staatlichen Gebilden scheint das Tischlein deck dich dubiose Wirklichkeit zu werden.“
Helms stellt Stirner als „Kleinbürger“ hin mit einem entsprechenden Horizont. Laska fragt, ob denn etwa Marx und Engels, Ruest, Feuerbach Proletarier gewesen seien. Laska: Über Helms‘ Qualitäten s. Rücks. Umschlag
Helms zitiert Marx und Engels, Stirner wisse nichts von der „ganzen wirklichen Geschichte“, so daß ihm der historische Verlauf als „eine bloße ‚Ritter‘-, Räuber- und Gespenstergeschichte“ erscheinen mußte.
Helms zufolge idealisiere Stirner den Einzelnen und hebe ihn aus der Gesellschaft heraus für die „Proklamation des vermeintlich autonomen Individuums zum souveränen Einzigen“. Dazu verweist Laska auf S. 492, wo Helms im Zusammenhang mit den Kleinbürgern und Mittelständlern spricht von der „Illusion ihrer individuellen Souveränität und ihrer entscheidungsfähigen Verfügungsgewalt über sich selbst“. Dazu Laska: dieser Illusion hängen Angehörige aller Schichten an, auf ihr beruht doch auch Legitimation der Bürokratie“.
Helms verweist auf Moses Heß, dem bereits die „Haßliebe zwischen Bruno Bauer und Stirner“ aufgefallen sei und er verweist auf Wolfgang Mönke, dem zufolge sich die beiden „weder mit den Interessen der Bourgeoisie noch mit denen der Proletarier zu solidarisieren vermochten“.
Helms behauptet, für Stirner gäbe es „keine Möglichkeit, die Gesellschaft konstruktiv zu verwandeln“. Die Forderungen des Alltags zwängen ihn „die bestehende Gesellschaft als eine ihm fremde und feindliche“ zu verleugnen. „Zum Ersatz“ (von Laska unterkringelt) bausche Stirner sein Selbstbewußtsein zum Weltganzen auf.