Laskas Randnotizen zu Hans G. Helms‘ DIE IDEOLOGIE DER ANONYMEN GESELLSCHAFT (Teil 18)
BERND A. LASKA, aus dem LSR-Archiv
V Die Ideologie – Wirkungszusammenhang, Sprache. Verkehrsformen, Abschnitte 1 und 2 (alle Hervorhebungen von Laska)
Im Dritten Reich seien, so Helms, „Millionen von Menschen, (…) dem ‚Selbstgenuß‘ einiger Tausend Einziger geopfert worden“.
Stirner habe individuelles Denken in Ideologie umgewandelt. „Nächster Schritt. Meinen kann man, was man will.“
Stirner geniert sich nicht, es einzugestehen: er spekuliert auf die Dummheit der Leser.“ Dazu Laska: Der Satz hat – sogar aus dem Kontext gerissen – einen ganz anderen Sinn als den suggerierten.
Helms zitiert Heidegger: „Das Denken beginnt erst dann, wenn wir erfahren haben, daß die seit Jahrhunderten verherrlichte Vernunft die hartnäckigste Widersacherin des Denkens ist.“
Helms: „Eines ist an der Ideologie kein Schein: die Freiwilligkeit.“ Laska: eben gerade die!
Helms: „Wo [bei Stirner] Denken und Vernunft unter Tabu stehen [Laska: sie sind bloß nicht „heilig“] treten die irrationalen Kräfte die Macht an. Aus dem Magen meldet sich nagender Hunger, aus dem Unterleib sexuell aufgestaute Gewalt [Laska: !], das Herz, das auch nichts zu beißen hat, gibt seinen Segen dazu. ‚So finden: die Stirnerianer in ihrem Messias ‚den Weisen, der sich einen Weg zur Freiheit des Fühlens gebahnt hat.‘ (Stourzh)“
„Von Stirners ‚eminent-praktischen Standpunkt aus‘ ist entscheidend, nicht was, sondern daß etwas getan wird.“ Dazu Laska: d.i. Marx, der die Welt verändern, nicht verbessern will
Helms sagt, die Stirnerianer hätten „nur das Bewußtsein, Einzige und über normale Gesetze, Sitten und Maßstäbe erhaben zu sein“, was Laska am Rande bejahend abhakt.
Helms zitiert Der Einzige und sein Eigentum: „Ein Ruck thut Mir die Dienste des sorglichsten Denkens, ein Recken der Glieder schüttelt die Qual der Gedanken ab, ein Aufspringen schleudert den Alp der religiösen Welt von der Brust, ein aufjauchzendes Juchhe wirft jahrelange Lasten ab. Aber die ungeheure Bedeutung des gedankenlosen Jauchzens konnte in der langen Nacht des Denkens und Glaubens nicht erkannt werden.“ Zur hervorgehobenen Stelle notiert Laska: Wilhelm Reich Funktion des Orgasmus
Helms fragt, ob Stirnr „nicht das ‚Vademecum‘ des schadhaften Selbstbewußtseins derjenigen, die der Revolution aus Prinzip abhold sind?“ Man müsse die „Zeugnisse für die Rezeption Stirners in Vergangenheit und Gegenwart sammeln und prüfen, um in ihnen das Gemeinsame zu entdecken, das die Stirner-Begeisterung in den heterogenen sozialen Gruppen erklärt.“ Dazu Laska: ähnlich ist auch bei Marx zu verfahren! Helms weiter: „Diesen Fehler. Stirner als genialischen Windbeute zu unterschätzen, haben die Kritiker des ‚Einzigen‘ ein volles Jahrhundert zu lange begangen.“
Helms: „Gerade die undifferenzierte, ubiquitäre Anwendbarkeit des ‚Einzigen‘ haben die Anhänger geschätzt.“ „Es kann nicht überraschen, daß die Philosophen es mit Stirner nicht weit gebracht haben.“ „Gegen die Behauptung, Stirner sei ein Solipsist (…) haben sich die Stirnerianer besonders heftig zur Wehr gesetzt.“ „Ein Alptraum ist er der Philosophie bis heute geblieben.“
Kurt Adolf Mautz (1936) sei „dem Kern der Sache um Haaresbreite nahegekommen“. Es galt, so Mautz, die „Fassade des subjektivistischen Titanismus zu durchstoßen“. Der Leser hätte dabei, so Helms, statt an Stirner an Hitler denken können. (Dazu Laska: wer war denn Leser?!) Helms weiter: „Das ideologisch deformierte Bewußtsein erlaubt nicht zu sehen, daß im ‚Einzigen‘ ebenso wie in ‚Mein Kampf‘, die ‚Fassade‘ der Kern ist. Einen eigentlichen Kern gibt es nicht.“ Laska: – sieht Helms nicht
Helms zitiert Paul Carus über Stirners Buch: „Der Appell ist so direkt, daß er all jene halbgebildeten und unreifen Geister überzeugen wird, die, nachdem sie ihren traditionellen Glauben aufgegeben haben, nun ohne irgendeine Autorität in Religion oder Politik sind.“ Laska: Carus = Freund von Ernst Mach
„Das Demagogische an Stirner ist sein Appell an den Leser, sich mit den Einzigen zu identifizieren, sich unterm Eindruck der Lektüre in einen Einzigen zu verwandeln.“ Das hakt Laska am Rande bejahend ab.
„Er [Stirner] hat, wie Adorno sich ausgedrückt hat, ‚den Hasen aus dem Sack gelassen‘.“ Dazu Laska: Adorno ließ ihn drin!
„Solange das mittelständische Bewußtsein dem Identitätsglauben, der falschen Individualität qua Einzigkeit unterliegt, wird der ‚Einzige‘ direkt oder indirekt dieses Bewußtsein beherrschen und über die Träger dieses Bewußtseins die Gesellschaft.“ „Doch ist Stirner so primitiv nicht gewesen, aus Spaß die ‚Nichteinzigen‘ ärgern zu wollen.“ Dazu Laska: gibt’s die überhaupt?
„Die Ideologie kann dem Selbstbewußtsein nicht geben, an was das Selbstbewußtsein nicht glaubt.“ Den darauffolgenden Satz Helms‘ unterkringelt Laska: „Der ‚Einzige‘ ist nicht mehr denn Katalysator der Unvernunft.“