Laskas Randnotizen zu Hans G. Helms‘ DIE IDEOLOGIE DER ANONYMEN GESELLSCHAFT (Teil 11)
BERND A. LASKA, aus dem LSR-Archiv
III Der Einzige und sein Eigentum: Grundzüge einer Ideologie, Abschnitt 4 (alle Hervorhebungen von Laska)
Helms zitiert Stirner und Laska unterstreicht folgende Stelle und kringelt sie am Rande an: „Ich will nur meine Macht über sie[, die Menschen]“.
Laska unterstreicht eine Aussage von Karl Diehl (Über Sozialismus, Kommunismus und Anarchismus, 1923), wonach es ein „spezifisches Faszinosum“ Stirners sei, daß die Befolgung der eigenen Interessen die der anderen fördere. Egon Friedell, so zitiert Helms, habe von der „erhabenen Inkonsequenz“ der Stirnerschen Lehre gesprochen, entsprechend „in einen neuen Altruismus zu münden“.
Der Stirnersche Egoismus wird nie zum Klassenkampf. „So spukte“, Helms zufolge, „Stirner’sches gleichzeitig in den Gehirnen von Faschisten wie in denen vermeintlicher Antifaschisten.“ Und weiter: „Die Entfaltung des Stirner’schen Dogmas zur faschistischen Realität scheint Stirners Wünschen entschieden zu widersprechen und ist dennoch seiner Lehre implizit.“
Helms: „In Stirners ahistorischem Bewußtsein figuriert der Egoismus als ewiges und einziges [von Laska unterkringelt] Motiv aller menschlichen Aktivität.“ In einer Fußnote bringt Helms das mit der „Besessenheit“ der Philosophie mit der „Fiktion eines Ersten“ in Zusammenhang und erwähnt Adorno, der diese Fiktion kritisiert habe und „ihre autoritären Ansprüche, der Gesellschaft eine verbindliche Ordnung zu geben“. „Das Erste der Philosophen erhebt totalen Anspruch.“ Wobei Helms aber konstatieren muß, daß Adorno bei diesen Sätzen nicht an Stirner gedacht hat. Aber Stirner wolle das, was Adorno kritisiert hat, wenn Stirner schreibt: „Bin ich es nicht, der Ich Mich frei mache, bin ich nicht der Erste?“ Laska kringelt an und quittiert es mit einem „Quatsch“, wenn Helms das wie folgt kommentiert: „Implizit ist die elitäre Erhebung des Einzigen über die Vielen artikuliert.“
Stirner habe sich, so Helms, den bürgerlichen Egoismus angeeignet „und seinem Selbstbewußtsein als Stützkorsett angezogen“. Dazu Laska: eben diesen meinte Stirner nicht. Helms führt weiter aus, daß dieser Egoismus dem bürgerlichen „Geld macht frei“ entspräche, was aber nicht vom Zwang befreie, Geld verdienen zu müssen. Dazu Laska: So ein Blödsinn!
Helms zitiert Marx‘ Zur Judenfrage, wo es um den „zügellosen“ „egoistischen Menschen“ geht. Dazu Laska: nicht im Stirner’schen Sinne, von Marx auch nicht auf Stirner bezogen --> Helms‘ Trick. Marx erwähnt die Religionsfreiheit, Freiheit des Eigentums und die Gewerbefreiheit und fordert stattdessen Freiheit von Religion, Eigentum und dem „Egoismus des Gewerbes“. Dazu Laska: Staat nicht erwähnt
Helms zufolge habe „die bestehende Gesellschaftsordnung [Laska: die Herrschenden?] nichts zu fürchten (…), solange der Empörer sich auf seinen Egoismus stützt. Die egoistischen Privatinteressen verhalten ihn in politischer Passivität.“ Laska: So? Laska führt weiter aus: 1) Den Mittelständler? nicht immer 2) was für Interessen verfolgt der Arbeiter? die des Weltgeistes?
Mit Marx konstatiert Helms, daß Stirner den bürgerlichen Menschen für den eigentlichen Menschen hält und damit der erste Prophet der „Eigentlichkeit“ sei,* „die seither über Heidegger, Jaspers und den Existentialismus zum primitivsten , nichtssagenden Gemeinplatz der mittelständischen Ideologie geworden ist“. Während Marx beide, den wirklichen und den wahren Menschen, zum Zoon politikon dialektisch emanzipieren will gilt: „Den einen mit dem anderen totzuschlagen ist das Ideal Stirners und des Faschismus‘.“ Wenn Stirner im Zusammenhang mit dem Zoon politikon vom „Irrwahn eines Tollen“ spricht, entspricht das, so Helms, „jedenfalls nicht der Tollheit des wahnsinnigen Einzigen, der seine Ruhe und seinen Sport haben und sich besorgten Herzens über die Kursbewegungen seiner Volksaktien informieren möchte“. Laskas Kommentar: Quatsch
* Laska: von Marx nicht auf Stirner bezogen --> Helms‘ Trick
Helms unterstellt Stirner, von der „unpolitischen Sphäre der Privatwirtschaft“ zum politischen Staat „kann der Einzelne – nach Stirners Vorstellung – nicht menschlich-egoistisch verkehren. (Jeder gewiefte Geschäftsmann könnte Stirner vom Gegenteil überzeugen.)“ Was Laska an der Seite ankringelt.
Helms: Die Klassengesellschaft kann die Interessen des Einzelnen nicht wahrnehmen, weil sich alles um den Klassengegensatz dreht – und Stirners „mittelständische Illusion (sei) nicht mächtig genug, sich für ein Teil der herrschenden Klasse zu halten“. Für den „verhinderten Gymnasialprofessor J.C. Schmidt“ sei die Klassengesellschaft ewig gewesen. Laska fragt: Was war Marx?
Der polnische Marxistische Kritiker Wladyslaw Tatarkiewicz 1950 über Stirners Lehre: „Sie blieb ein Paradoxon, ein wahnsinniges Gedankenexperiment.“ Sie sei paradox, so Helms, „weil sie eine wenigstens für den Mittelstand bessere Gesellschaftsordnung durch Verzicht auf politische Mittel anstrebt.“ Wobei es „Stirner und dem Mittelstand“ egal sei, ob die Lösung durch Gewalt erreicht werde oder ob man sich selbst* um eine Freiheit bringe. Stirner interessiere nur die Eigenheit. Laska: übler Trick: Stirner = NS
* Laska: In dem Sinne, daß das „freie Ich“ so frei ist, auf Freiheiten zu verzichten. Daß Stirner’s Freiheitsbegriff problematisch ist, ist klar. Aber wer – außer WR hat besseren?
Helms kann dem jungen Engels nicht zustimmen, daß Bruno Bauer und Stirner „die einzigen bedeutenden philosophischen Gegner des Sozialismus“ waren. Nein, Stirner war ein bedeutender Gegner, weil er, so Helms, „gegen das politische Verhalten der Beherrschten die unpolitischen Kanonen der Herrschaft (von Laska unterkringelt) auffahren läßt“. Das habe Marx‘ und Engels‘ Erbitterung hervorgerufen.
Auf Stirners [Laska: --> Hitler] Seite finde sich die „faschistische Ausbeutung des Unpolitischen“, bei Marx [Laska: --> Stalin] die dialektische Synthese von homme und citoyen.
„Bei Stirner die ungeschichtliche Insistenz auf das, was hier und jetzt so und so ist.“ Laska: eben nicht! Hingegen Marx… …“dann ist die menschliche Emanzipation vollbracht“ (Zur Judenfrage). Laska weist darauf hin, daß Helms gleich im Anschluß sagt, die Emanzipation könne nur ein Prozeß sein. Laska kommentiert: Hier muß der schlaue Dialektiker Helms selbst Marx retten!
„Hegel wollte einen vernünftigen Staat und Stirner oder Hitler (unterkringelt) die unvernünftige Extinktion aller Konkurrenten des Dritten Reich.“ Laska: demag. Helms spricht sogar von „dem Werke Stirner-Hitler“. … „Mit der Vernunft ist in der Tat erst Hitler ganz ‚konsequent‘ fertiggeworden.“ Laska: Paranoia … „Am deutschen Geiste darf nur deutsches Wesen Kritik üben, an Stirners Theorie nur Hitlers Wirklichkeit.“ Laska: Paranoia