Laskas Randnotizen zu Hans G. Helms‘ DIE IDEOLOGIE DER ANONYMEN GESELLSCHAFT (Teil 6)
BERND A. LASKA, aus dem LSR-Archiv
S. 24-29 (alle Hervorhebungen von Laska)
John Henry Mackays Beschreibung Stirners beruhe, so Helms, vor allem auf Engels‘ Beschreibung Stirners. Engels in einem Brief: „Ich kannte Stirner gut, wir waren Duzbrüder, er war eine gute Haut, lange nicht so schlimm [von Laska unterkringelt] wie er sich in seinem Einzigen macht, mit einem, aus der Lehrerzeit ihm anhaftenden leisen Anflug von Pedanterie.“ Randnotiz von Laska: Brief ist abgedruckt in MEW Bd. 37, S. 292f, enthält weiter nichts Wesentliches. E. ist über Stirners weiteres Schicksal nur vage informiert.
Helms bezeichnet Hermann Schultheiss, der 1905 seine Dissertation über Stirner schrieb, als „Verehrer“ Stirners, was Laska moniert. Auf S. 151 und S. 307 gar als „Stirnerianer“.
Schultheiss beschreibt Stirner wie folgt: „Stirner war ein deutscher Oberlehrer, protestantisch, eine Winzigkeit steifleinen, die Bibel mit tausend Spruchreminiszenzen beherrschend, ein glänzender verwegener Dialektiker, Kopf kühl, Zigarre; ohne jeden dionysischen Zusatz.“
Helms fährt fort, Stirner sei „in Wirklichkeit (…) ein staatlich mit Einschränkungen approbierter Lehramtskandidat gewesen“. Laska merkt am Rande an: auch nach Mackay! „(…) durchaus nicht aus politischen Gründen, wie seine Anhänger die Geschichte und Stirners fortune korrigieren möchten, sondern mangelnder Kenntnisse wegen.“ Laska: sagt auch Mackay
Helms erwähnt, daß Stirner mit seiner Unternehmung brandenburgische Milch nach Berlin zu bringen „binnen kurzem preußisch bankrott“ gegangen wäre. Dazu Laska: in der Hinsicht ist von Marx Schlimmeres zu berichten. Helms zitiert in einer Fußnote Mackay: „Man beschloß, eine ‚Milchwirtschaft‘ einzurichten (…)“. Laska: also nicht nur Stirner
Helms: „(…) bis ihn am 26. Juli 1856 der Stich einer giftigen Fliege aus seiner Einzigkeit erlöste“. Laska ergänzt: 1843 geheiratet, „unegoistisch“ ein Geschäft mit den Freien zusammen gegründet (mit seinem bzw. seiner Frau Geld). Ende 1844 „Einziger“. Pleite. Marie D[ähnhardt] weg 1. April 1846. Dahinter setzt Laska ein Fragezeichen.
Die beiden „einzig noch existierenden, authentischen Portraits Max Stirners“ aus Engels‘ Hand. Laska: Stimmt grob überein
Helms: „Nichts an Stirners Schicksal ist bemerkenswert.“ Er fährt mit dem Hinweis Gustav Mayers fort, daß den Berliner Polizeiakten zufolge über Stirner stets die beste Auskunft erteilt wurde. Helms schreibt dann aber: „Bei der berliner politischen Polizei gab es kein Dossier über ihn, für die damalige Situation ein exzeptioneller Fall.“ Und weiter: „Seine journalistischen Arbeiten (…) lassen Einsicht in die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht erkennen.“
In einer Fußnote macht sich Helms über einen Aufsatz von Sigmund Kaff in den Sozialistischen Monatsheften, 1907, lustig, wo Kaff den 50. Todestag Stirners mit dessen 100. Geburtstag verwechselt. Dieser Satz und der ganze Aufsatz könne, so Helms, „wohl als Indiz dafür gelten, wie spärliche Frucht die Arbeiterbildungsvereine je getragen haben“. Dazu Laska: So?
Helms weißt in einer Fußnote darauf hin, daß der amerikanische Stirnerianer James Gibbons Huneker aus Stirners Versagen in der bürgerlichen Welt die absurde Schlußfolgerung zog, daß Stirner, wäre er ein praktischer Mensch gewesen, ansonsten kaum den Einzigen hätte schreiben können. Helms: „Es dürfte freilich schwer einzusehen sein, warum den ‚Einzigen‘ zu schreiben besonders unpraktisch [von Laska unterkringelt] gewesen sein soll. Wenige Werke der sogenannten Weltliteratur – dieser willkürlich zusammengestellten Bibliothek von Schriften, die durch wohlfeile und oft korrupte Editionen und Leihbüchereien bis in die ärmste Hütte verbreitet sind und Unheil bei denen stiften, die weder zu lesen noch zu denken gewohnt sind – haben sich als so erfolgreich [Laska: doch nicht für Stirner] erwiesen wie Stirners ‚Einziger‘.“ Am Rande schreibt Laska in Bezug auf Helms: paranoisch
Helms behauptet die Sozis hätten den Nationalsozialisten deren Willen zur Macht geneidet. Laska merkt an: die Kommis nicht?
Helms über Stirner: „Da weder ‚wie aus einem Guß‘ noch wirklich zum ‚Zyniker der Lebenslüge‘ geschaffen, ergibt das aus den Fakten interpolierte Bild einen gut preußischen Subalternen, dem sich die vorgesetzte Autorität versagt hatte.“
Helms konstatiert bei Stirner nicht Unsicherheit der Lebensstellung auf Grund politischer Verfolgung, „sondern ob der ungewußten (sic!) Abgeschnittenheit von den Produktionsmitteln“. Den Hinweis auf die Produktionsmittel markiert Laska mit „Fetisch“.
Helms zufolge habe Stirner ein ohnmächtiges Leben geführt. Es folgt ein Satz, den Laska nur mit einem Fragezeichen goutieren kann: „Aber schon bei Stirner der Drang, die eigene Obdachlosigkeit dadurch aufzuheben, auch den anderen das Haus über den Kopf anzustecken, ein Drang zu totalitärer Verfügung über sich selbst und die übrigen.“