Laskas Randnotizen zu Hans G. Helms‘ DIE IDEOLOGIE DER ANONYMEN GESELLSCHAFT (Teil 19)
BERND A. LASKA, aus dem LSR-Archiv
V Die Ideologie – Wirkungszusammenhang, Sprache. Verkehrsformen, Abschnitte 3 bis 5 (alle Hervorhebungen von Laska)
Helms zitiert Stirner, der sein eigenes Werk als „unbeholfen“ bezeichnet. Dazu Helms: „Liebenswürdige Bescheidenheit oder tollpatschiger Rattenfängertrick?“ Laska: keines von beiden! siehe Stirners Bemerkungen über die Sprache, die zu benutzen er gezwungen wäre.“
Helms: „Eine tabula rasa als universelles Tischlein deck dich zu propagieren ist leicht, sie geschichtlich aus dem gesellschaftlichen Verhältnissen zu entwickeln und zu begründen unmöglich. Auch Stirner ist es nicht gelungen.“
„Über die Schwierigkeiten, Stirners Thesen wo schon nicht in ein System, so doch halbwegs in Reih‘ und Glied zu bringen, stöhnen sie alle.“
„(…) Stirners eigene Behauptung, daß sich aus dem ‚Einzigen’ kein System oder Prinzip entwickeln lasse (…)“
„Die Gliederung soll den Leser veranlassen, die von Stirner visierte Lösung als unausweichliche, endgültige Stufe einer naturbedingten Entwicklung zu akzeptieren.“ Laska: d.i. Marx‘ Trick!
Stirners Anhänger ließen sich „durch Stirners Verteufelung aller Prinzipien und der Menschheit nicht beirren (…) und den Einzigen als das autoritäre Metaprinzip akzeptieren, das er ist.“ --> „Heil Stirner! Befiehl, ich folge!“
„An Stirner scheiden sich die Geister, die auf Vernunft bedachten und die auf Eigentum besessenen. Wie einer auf Stirner reagiert, daran ist gut zu erkennen, ob er formbares Material der Ideologie ist oder nicht.“
„Die Autorität tritt bei den Epigonen des Großmeisters Stirner stets mehr in den Vordergrund.“
„Wie überzeitlich Stirner sich aufspielt, die Sprache, der er wohl oder übel benutzen muß, ist die historisch so gewordene Sprache seiner Epoche.“ Dazu Laska: das beklagt er!
„Fazit [Stirners]: Erziehung ist von Übel.“ Helms schreibt Stirner zu: „Nieder mit der Erziehung, den Intellektuellen, der Vernunft.“
„Wird Stirners Ideologie im gesellschaftlichen Niemandsland zwischen den Klassen angesiedelt, muß unklar bleiben, wer durch sie profitieren könne.“
Helms behauptet, Marx und Engels hätten sich durch keine Schranke beirren lassen, „warum sich bei Stirner alles ‚in bloßen Trug und Spuk‘ verwandelt“. Dazu Laska: eben nicht! Haben wohlweislich ‚Die deutsche Ideologie‘ nicht veröffentlicht. Um Stirner wurde es so bald völlig still.
Helms zitiert „Die deutsche Ideologie“ dahin, daß der leichtgläubige Stirner der heuchlerischen Gesellschaft aufgesessen sei, „überall die Vorstellung des Heiligen, des Idealen zu entdecken“. Er habe aus der Heuchelei der Gesellschaft das Heilige abstrahieren können, sei also auf diese reingefallen. Helms kommentiert, was Laska am Rande doppelt hervorhebt: „Die Sätze zeigen erneut, daß auch Marx und Engels bis zu einem gewissen Grad Stirners ‚ Heuchelei‘ aufgesessen sind. Stirner ist gewitzt genug, vor den Herren den Düpierten zu spielen, und dreist genug, sie mit seinem Spiel an der Nase herumzuführen. Soviel möchten die vorangegangenen Kapitel bewiesen haben.“ Laska: nein!
Helms beschäftigt sich mit Max Adlers Buch Max Stirner. Ihm sei „an einer begründeten Differenzierung zwischen Marx und Stirner nicht gelegen.“ Dazu Laska: Adlers ganzes Buch ist ausdrücklich auf „Versöhnung“ angelegt. Selektive Interpretation verschiedener Großer der Philosophie soll Marxens These belegen, die Entwicklung steuere auf den Sozialismus zu (seit Rousseau).
Helms: „Der souveräne Einzige, der autonome Mensch ist eine Fiktion, an die weniger Stirner, mehr die Stirnerianer glauben.“
„Basis der Ideologie ist ein falsches Bewußtsein von den bestehenden Verhältnissen. Es steht nicht im freien Belieben des Einzelnen, richtiges (Laska: ?) oder falsches Bewußtsein zu haben.“ Der Einsichtige wird es nicht weiter als bis zur Erkenntnis seiner gesellschaftlichen Bedingtheit bringen. Mit ihr läßt sich arbeiten. Mit ihr allein kann er sich emanzipieren, nicht von der Gesellschaft, sondern zu ihr hin.“
Die Stellung des Mittelständlers im Kapitalismus läßt sich ideologisch verkleistern, „wenn à la Stirner der Einzelne mit seinem Eigentum identifiziert wird. Sodaß Vermehrung des Eigentums gleichbedeutend mit Entfaltung der Persönlichkeit ist (…).“ Dazu Laska: übelste Verdrehung
Helms zufolge wird es solange Faschismus geben, bis sich der Mittelstand als Klasse begreift und seine Ideologie aufgibt. Dazu Laska: warum sollte er? Warum nicht „das Proletariat“? Helms weiter: „Heute Stirner ein Buch zu widmen das – wie schon ‚Die deutsche Ideologie‘ – umfangreicher ist als Stirners ‚Einziger‘, weil Stirner als erster [Laska: wer als 2.?] dem Mittelstand statt Klassenbewußtsein eine ubiquitär anwendbare Ideologie angedreht hat.“ Man müsse auf ihren Erfinder ausdrücklich hinweisen, „denn wo die Ideologie praktiziert wird, ist die Erinnerung an ihre Herkunft peinlich und wird verdrängt. Das war unter Mussolini der Fall und rigoroser noch unter Hitler. (…) Auf ihren Zusammenhang aufmerksam gemacht zu haben, muß dem Mittelstand heute viel unbequemer sein als zu Mussolinis und Hitlers Machtzeit. (…) Diesem Buch mag es gelingen, den Sachverhalt aus dem Sprachverhalten der Ideologie zu entschlüsseln. Dem Einzelnen die Ideologie zu nehmen, ist keinem Buch gegeben. Sich die Ideologie aus dem Kopf schlagen kann der Einzelne nur selbst. Dazu immerhin mag dieses Buch bei einigen Anlaß geben.“ Dazu Laska: Hier glaubt Helms, wie er Stirner unterstellt, daß man sich selbst „retten“ könne – nach Lektüre seines Buches etwa.